Rekonstruktion juristischer Verfahren über Zwangsarbeit in Südniedersachsen und Polen

Eine Initiative von

Geschichtswerkstatt Göttingen e.V.

Göttingen

Gerichtsverfahren zeigen, wie nach dem zweiten Weltkrieg in verschiedenen Ländern mit Gewalt und Zwangsarbeit umgegangen wurde – nicht nur juristisch, sondern auch gesellschaftlich. Eine Auseinandersetzung mit diesen Verfahren muss deshalb mehrdimensional sein, es geht um historische und rechtliche Perspektiven, aber auch um ethisch-moralische Fragen und eine kritische Bewertung von Quellen. Das Projekt dient als Ergänzung zur Dauerausstellung „Auf der Spur europäischer Zwangsarbeit. Südniedersachsen 1939-1945“ in den Räumen der Berufsbildenden Schule II Göttingen. Es beschäftigt sich mit der Frage, wie mit der gemeinsamen Geschichte der Zwangsarbeit im Nationalsozialismus in Polen und Deutschland umgegangen wurde. Gemeinsam mit jungen Menschen werden drei Fälle aus Südniedersachsen untersucht. Die Teilnehmenden setzen sich so zugleich mit Zwangsarbeit allgemein wie mit den Nachkriegsgesellschaften auseinander. Und sie diskutieren ihre eigene Haltung: Wie würde ich mich verhalten? Welche Entscheidung würde ich treffen? Wie kann eine angemessene Anerkennung aussehen? Auf diese Weise wird auch das zukünftige Erinnern thematisiert.

Die Göttinger Initiative „Rekonstruktion juristischer Verfahren über Zwangsarbeit in Südniedersachsen und Polen“ beleuchtet die Nachkriegsjustiz und deren Umgang mit NS-Zwangsarbeit. Es thematisiert die Frage, wie mit der Geschichte der Zwangsarbeit in Polen und Deutschland umgegangen wurde und vermittelt diese Inhalte der deutschen Öffentlichkeit. Ein zentrales Projektziel ist die Entwicklung des Workshops „Suche nach Gerechtigkeit: NS-Zwangsarbeit vor Gericht“, in dem Schüler*innen historische Quellen analysieren und eigene Urteile zu Nachkriegsprozessen bilden können. Im Rahmen eines Schüleraustauschs im September 2024 arbeiteten Jugendliche aus Deutschland und Polen zusammen und setzten sich in deutsch, polnisch und englisch intensiv mit dem Thema auseinander.

Der Workshop basiert auf umfangreichen Materialien, darunter Originalakten und Archivdokumenten, und lädt die Teilnehmenden dazu ein, sich kritisch mit dem juristischen Umgang mit NS-Zwangsarbeit auseinanderzusetzen. Er ist bereits mehrfach erfolgreich durchgeführt worden und steht langfristig als fester Bestandteil der Ausstellung zur Verfügung.

Ein weiterer Bestandteil der Initiative ist die Aufarbeitung der Entschädigungsproblematik, mit der sich viele ehemalige Zwangsarbeiterinnen konfrontiert sahen. Der Workshop zur Entschädigung erzählt die Geschichte von Wiktoria Delimat und zeigt den langen Kampf um Anerkennung, der für viele Betroffene oft ohne Erfolg endete. Dieser Workshop fördert ein umfassendes Verständnis der Schwierigkeiten und Ungerechtigkeiten, mit denen Zwangsarbeiterinnen nach dem Krieg konfrontiert wurden.

Die gesamte Initiative bietet einen tiefen Einblick in die Geschichte und Nachwirkungen der Zwangsarbeit in Deutschland. Die Initiative fördert eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und lädt dazu ein, historische und ethische Fragen des Umgangs mit NS-Zwangsarbeit neu zu überdenken.

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